Gerhard Lojen Ausstellung Krems Galerie Kopriva, Eröffnungsrede 25.5.2023
Text von Dr. Christa Steinle
Zuletzt hatte ich im Frühjahr 2019 eine Ausstellung Gerhard Lojens (1935 Graz – 2005 Graz) mit dem Titel „Struktur trifft Farbe“ im neuen Kunstraum der Grazer Gruppe 77 in der Ruckerlberggasse, deren Gründungsmitglied Lojen war, eröffnet, die den Fokus auf sein Frühwerk gerichtet hatte. Diese erste Periode ab Mitte der 1950er Jahre umfasst zwei Werkgruppen, einerseits die von ihm dezidiert als Materialbilder bezeichneten Öl- bzw. Mischtechnikbilder auf Leinwand oder Hartfaserplatte und zum anderen eine Serie von Aquarellen, die sogenannten „imaginativen oder inneren Landschaften“, – allesamt zwischen 1958 bis 1961 entstanden.
2010, eröffnete ich in der repräsentativen Galerie der österreichischen Botschaft in Berlin eine retrospektive Ausstellung Gerhard Lojens mit dem Titel Die Sehnsucht nach radikalen, ultimativen Bildern.
Der Ausstellungstitel folgte einem Zitat, das dem Interview zwischen dem Kunsttheoretiker und Künstler Peter Weibel, ehemalige Chefkurator der Neuen Galerie Graz (1993-2011) und dem Künstler im Katalog zu seiner Ausstellung „Gerhard Lojen, Werke 1955–2000“ in der Neuen Galerie Graz im Jahr 2001, erschienen im Droschl-Verlag, entnommen ist und programmatisch für Lojens Lebenswerk steht, das immer von dieser Sehnsucht nach radikalen, ultimativen Bildern getragen war. In diesem ausführlichen Gespräch über die internationalen Avantgarden nach 1945 von Lucio Fontana, Alberto Burri , Antoni Tapies, Georges Mathieu bis Jackson Pollock und Joseph Beuys, dessen Materialbewusstsein, aber vor allem gesellschaftspolitische Arbeit auf Basis eines erweiterten Kunstbegriffs von beiden Künstlern besonders geschätzt wurde, wird Lojens künstlerische Entwicklung und seine Arbeitsweise ab Mitte der 1950er Jahren bis zum Zeitpunkt der Ausstellung im Jänner 2001 nachgezeichnet bzw. nach den verschiedenen Entwicklungsphasen periodisiert.
Diese Ausstellung wurde von mir als Kuratorin gemeinsam mit dem Künstler im Zeitraum von zwei Jahren entwickelt, da wir uns vorgenommen hatten ein komplettes Oeuvreverzeichnis der Gemälde, der Buchobjekte und Gemeinschaftsarbeiten mit Hans Bischoffshausen zu erstellen. In zahlreichen Sitzungen mit intensiven Gesprächen in seinem architektonisch bemerkenswerten und doch so gemütlichen Haus, am Fuße des Ruckerlbergs, unterstützt von einer jungen Kunsthistorikerin und vor allem seiner Frau Erika, entwickelten wir das Ausstellungskonzept. Wir erfassten zunächst den gesamten Gemäldebestand, der sich in Lojens Atelier befand und begannen dann mit der Recherche nach allen in öffentlichen und privaten Sammlungen befindlichen Gemälden. Aus diesem Fundus von mehr als 1000 Bilder trafen wir die Auswahl, ein schwieriges Unterfangen, jedes Bild wurde diskutiert und darüber entschieden – kommt es in die Ausstellung, kommt es in den Katalog oder nicht. Lojen verfügte was seine Bilder anbelangte, über ein geradezu akribisches Gedächtnis, zu vielen wusste er Anekdoten zu erzählen, wann und unter welchen Umständen diese entstanden waren. Manche Bilder standen ihm besonders nahe, nämlich jene, die ihm schon während des Malaktes die Gewissheit eines optimalen Resultats vermittelt hatten. Diese Bilder widmete er zumeist als Geschenk seiner Frau Erika. Nachdem wir alle Bilder eingesammelt und in die Neue Galerie verfrachtet hatten, um sie zu fotografieren und zu registrieren, versuchten wir sein Werk zu periodisieren und nach seinen spezifischen Arbeitsfeldern einzuteilen.
Im Folgenden möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick zu Biografie und künstlerischem Schaffen Gerhard Lojens vermitteln.
1955, im Alter von 20 Jahren malte Lojen sein erstes Ölbild, ein abstraktes Bild, das noch leichte Anklänge an den Kubismus aufweist.
Am Anfang seines künstlerischen Schaffens stand also schon der Wille zur gegenstandslosen Malerei, ein Streben nach einer reinen abstrakten Malerei, womit Lojen eine wesentliche Einschränkung der österreichischen Moderne zu überwinden suchte, nämlich die bloße Naturabstraktion. Lojen wollte sich als ein Maler der „anderen Moderne“ positionieren, nämlich als ein Maler abstrakter Bilder sowie abstrakter Materialbilder, und sich also nicht in die Tradition der in der österreichischen Kunst so wirksamen Naturabstraktion stellen, - in der Nachfolge von Herbert Boeckl, Max Weiler oder Wolfgang Hollegha, sondern sein Ziel war es, aus einem intensiv ausgeprägten Materialbewusstsein heraus zu einer reinen Abstraktion von Form und Farbe zu gelangen. Dies ist umso bemerkenswerter, als Lojen im Gegensatz zu Lassnig, Rainer, Hollegha, Staudacher oder Bischoffshausen, die sich in den 1950er Jahren durch Auslandsaufenthalte in Paris oder New York über die internationalen Tendenzen informieren konnten, ausschließlich in Graz lebte.
Den Dialog und Austausch mit internationaler Kunst fand Lojen im Rahmen seines Architekturstudiums, das er 1954 an der Technischen Universität in Graz begonnen hatte und im Sommer 1962 abschloss. Im verpflichtenden Lehrgang „Zeichnen und Malen“, der von Kurt Weber geleitet wurde, hatte er seine Initiation für seinen zukünftigen Weg als Maler erfahren. Kurt Weber (1893-1964), seit 1926 Mitglied der Grazer Sezession, war einer der wesentlichen Wegbereiter der Moderne in der Steiermark. In Berlin stand er in Kontakt zum avantgardistischen Künstlerkreis um Herwarth Walden, dem Herausgeber der Zeitschrift „Der Sturm“, studierte dann in Graz bei Wilhelm Thöny und Alfred Wickenburg und setzte im Paris der 1930er Jahre seine Studien bei Fernand Léger und Robert Delaunay fort. Kurt Weber machte seine StudentInnen mit der internationalen zeitgenössischen Kunst vertraut, vor allem mit Tachismus, Informel, dem Action Painting von Jackson Pollock, aber auch mit den Ursprüngen der Moderne, dem Kubismus von Braque und Picasso. Aus dem Lehrer-Schüler-Verhältnis entwickelte sich eine enge Freundschaft, sodass sie in einen intensiven künstlerischen Austausch traten, der sich in gemeinsamen Untersuchungen zu bildinhaltlichen Problemen wie zu Materialien, aber auch in vertiefenden Gesprächen zur Kunsttheorie der Moderne, zur Philosophie und Religion manifestierte. So schreibt Lojen in einem biografischen Essay im Katalog von 2001: „An unzähligen Nachmittagen spannte sich der Bogen der angesprochenen Themen von Materialversuchen und bildinhaltlichen Problemen über die Durchlässigkeit der Grenzlinien zwischen den verschiedenen Sparten der modernen Kunst und sparte Philosophie und Religion nicht aus, wobei Webers besonderes Interesse dem Zen-Buddhismus galt, was sich in bescheidenem Umfang auch auf mich übertrug“.
Durch Kurt Weber hatte Lojen den jungen Kärntner Maler Hans Bischoffshausen (1927-1987) kennengelernt, der sein 1947 an der Grazer TU begonnenes Architekturstudium bald abbrach, um sich ganz der Malerei widmen zu können.1958 stand Bischoffshausen in engem Kontakt mit dem italienischen Avantgardekünstler Lucio Fontana, der durch seine Schnittbilder weltberühmt wurde. 1959 übersiedelte Bischoffshausen nach Paris, wo er als Mitglied in die Gruppe „ZERO-Avantgarde“ aufgenommen wurde, die zur europäischen Entwicklungsspitze der Künste zählte. Bischoffshausen hatte die Problematik der Abstraktion und der Monochromie bereits frühzeitig um die Problematik des Materialbildes erweitert, sicherlich unter Einfluss Fontanas und Antoni Tapies. Bereits ab Mitte der 50er Jahre hatte er seine ersten Reliefs aus Spachtelmasse erzeugt, die er dann später mit Brandspuren und Perforationen strukturell weitertrieb.
Die Begegnung mit Bischoffshausen, mit dem Lojen eine lebenslange Freundschaft verband, war ausschlaggebend für seine entscheidende Vertiefung der frühen Faszination durch die Abstraktion, vertiefte seinen Zugang zu einer strukturellen Materialmalerei und gestischen Malerei. 1983 mündete ihr künstlerischer Dialog in einem gemeinsamen Arbeitsprozess.
Durch seine Materialbilder gehört Lojen zu den wichtigsten Begründern und Vertretern einer abstrakten Malerei in Österreich. Motive des Kubismus wie des Informel, nämlich die materiellen Eigenschaften und internen Eigenwerte der Linie, der Farbe wie auch der Fläche, konnte er auf diese Weise in seinen Materialbildern neu lösen. Die Eigenwelt der Farbe, die Eigenschaft des Materials waren Gegenstand seiner Bilduntersuchungen. Die flache Leinwand wurde zum bloßen Farbträger, die pastosen, dunklen Ölfarben, dick in rhythmischen Strukturen aufgespachtelt, wurden mit anderen Substanzen wie Sand, Asche, Steinen vermischt. Diese plastischen Farbreliefs sind oft von Fäden des dünnflüssig aufgetragenen Kunstlacks durchzogen, der aber auch Spuren von zellartigen Strukturen hinterlässt. Manche Bilder haben Titel, die er in das fertige Bild als „Tote Landschaft“ oder in den frühen Aquarellen als „innere Landschaften“ imaginiert. In diesen fast monochromen, in horizontal langgestreckten Passepartouts präsentierten Aquarellen, spürte Lojen die Eigengesetzlichkeit des Materials am deutlichsten, da das Wasser, in dem die Farbe aufgelöst war, gleichsam selbst die Formgebung übernahm.
Eine souveräne Autonomie des Bildes in Fragen der Farbe und Form wurde auf der Grundlage eines Materialbewusstseins erreicht. Dieses Materialbewusstsein hat in den 1960er Jahren die revolutionärste Phase in der österreichischen Kunst ausgelöst, nämlich die „Aktionsmalerei“ von Prachensky, Brus, Schilling, Nitsch, die im Wiener Aktionismus endete, und die „materialbewusste Skulptur“ von Walter Pichler und Bruno Gironcoli, deren Erbe später Franz West antrat.
Vermittelt durch Kurt Weber wurde Lojen 1958 als Mitglied in die Künstlervereinigung der Grazer Sezession aufgenommen, an deren Jahresausstellungen und sonstigen Aktivitäten er sich regelmäßig beteiligte. 1967 wurde er zu deren Präsident gewählt. Die Sezession unter ihrem Präsidenten Rudolf Pointner vermittelte Lojen durch ihre Ausstellungspolitik von Mondrian bis Vasarely die internationalen Tendenzen der Moderne. Durch diese Angebote erwarb sich Lojen umfassende Kenntnisse von zeitgenössischen Kunstpraktiken der Abstraktion und des Informel, aber er lernte auch deren Quellen in der Moderne von Kubismus bis Paul Klee kennen. Nicht nur die Brechung und Verschiebung des Gegenstandes durch die multiple Perspektive im Kubismus, sondern die dadurch errungene Flachheit des Bildes, welche die Voraussetzung für die konstruktive Flächenverschiebung bildete, wurden für Lojen wichtig.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1923 versammelte sich in der Sezession Graz die Avantgarde der steirischen Kunst und ebenso wieder nach dem II. Weltkrieg, als ein großer Kreis von Kunstenthusiasten wie der Sammler und Kritiker Richard Rubinig, Rudolf Pointner als Präsident, Friedrich Aduatz, Gottfried Fabian und Vevean Oviette, um einen Anschluss an die Moderne kämpfte. Mit ihnen pflegte Lojen ein freundschaftliches Verhältnis und stand in regem künstlerischen Austausch. I
Pointner war 1947 Mitbegründer des Wiener Art Club gewesen und hatte sich 1948 an der ersten Surrealismus-Ausstellung in Wien beteiligt, entwickelte dann aber in den 1950er Jahren durch die Erfahrung der Materialmalerei eines Alberto Burri oder Antoni Tapiès eine neue Bildsprache. Burri reagierte in seiner Kunst auf seine essentiellen schrecklichen Erlebnisse als Arzt im II. WK. Er verwendete Materialien, die diese widerspiegeln sollten, in seinen Collagen und Materialassemblagen aus Stoff- und Sackfetzen, rostigen Nägeln und angesengtem Holz. Er verwendete angeschmolzenes Plastik, verschweißten Kunststoff, Leinenfetzen und andere Materialien und fügte diese zu immer neuen Kompositionen zueinander, eigene Interpretationen im Stil des Informel. Burri hat die Substanz des traditionellen Tafelbildes zerstört und grundlegend neu definiert.
Während Lojens ersten Besuchs der Biennale von Venedig 1960, wurden die Arbeiten von Burri, Dorazio und Fautrier für ihn zu prägenden Erfahrungen seiner künstlerischen Entwicklung.
In dieser ersten euphorischen Phase der Entdeckung der Moderne hat Lojen eine große Anzahl von Bildern gemalt, sodass er sich ab 1959 an verschiedenen Ausstellungen im In-und Ausland beteiligte und bereits nach wenigen Jahren ein anerkanntes Mitglied der Grazer Sezession war. Doch seinem avantgardistischen Drängen konnte letztlich die Sezession nicht mehr genügen, sodass er 1977 mit weiteren Mitgliedern wie Fabian, Pointner, Oviette aus dieser austrat und zum Mitbegründer und 1. Vizepräsidenten der Gruppe 77 wurde.
Diese frühen ab 1955 entstandenen Bilder in Öl- bzw. später in Acryltechnik, als Lojen in enger Verbindung und unter Einfluss seines Lehrers Kurt Weber arbeitete, fassten wir unter dem Titel „Materialbilder und Informel“ zusammen.
Es folgten die „Geometrischen Bilder, Regenbogen,- Randzonen- und Signalbilder“ der 1970er und frühen 1980er Jahre. Lojen hatte sich durch seine autodidaktischen Studien grundlegend mit der Geschichte der modernen Abstraktion befasst und sich gleichermaßen deren gegensätzliche Formensprachen, die geometrische Abstraktion des Konstruktivismus und der Monochromie von Mondrian bis Malewitsch und die gestische Abstraktion des Informel angeeignet.
In den 1970er Jahren verlagerte Lojen den Schwerpunkt seiner abstrakten Malerei also vom Pol der informellen Materialbilder zur geometrischen Abstraktion. Er steigerte die Abstraktion zu einer für österreichische Verhältnisse einzigartigen Immaterialisierung, sodass die Bilder ab 1978 fast leer blieben und nur am Rand farbig bemalt wurden. Diese Randzonenbilder sind das Ergebnis seiner intensiven Beschäftigung mit Suprematismus und Konstruktivismus, sowie mit den Schweizer Malern Max Bill und Richard Paul Lohse. Max Bill, der auch Bildhauer und Architekt war, vertrat eine neue, auf mathematischen Konzepten aufbauende Vorstellung von künstlerischer Kreativität und Lohse gehört zu den bedeutendsten Vertretern der "Konkreten Kunst", der sich in seinen Bildern mit der Horizontal-Vertikal-Gliederung von Farbfeldern in modularer und serieller Anordnung auseinandersetzte. So beschäftigt sich Lojen um 1975 im Siebdruck mit reinen Farben, die er in geometrische Motive wie Diagonalen und V-Elementen umsetzt.
Er nimmt an zahlreichen Gruppenaustellungen teil, so ist besonders bemerkenswert die Ausstellung von 1978 in Deutschlandsberg, wo er unter dem Titel "Konstruktive Aspekte der zeitgenössischen Kunst" gemeinsam mit Hans Florey und Jorrit Tornquist eine Grazer Gruppe der geometrischen Abstraktion bildete. In den 1970er Jahren hat er seine künstlerischen Erfahrungen aber auch in anderen Medien und in Aktionen sehr deutlich artikuliert. So experimentiert er mit einer Erweiterung der Bildfläche oder einer Öffnung in den Raum hinein in einer Serie von Buchobjekten, die ab Mitte der 1980er Jahre kontinuierlich sein malerisches Werk begleiteten und nach eigenen Worten seine Wertschätzung für die Literatur und das Buch ausdrücken sollten als „eine Verneigung vor dem, was ein Buch sein kann“.
Über die Geometrie gelangte er auch zu Gartenstudien, weil er in den geometrischen Hecken von Renaissancegärten Vorfahren der geometrischen Abstraktion erkannte. Er erhält seine ersten öffentlichen „Kunst am Bau“-Aufträge. Er gestaltet das Gedenkzeichen Soboth-Bundesstraße und die Einrichtung des katholischen Seelsorgezentrums Graz-Kroisbach, weiters ein Denkmal für Johannes Kepler bei der Grazer Keplerbrücke (1950) und vor allem konzipiert er für die Grazer Musikuniversität die räumliche Umsetzung eines Klavierstückes von Keith Jarret (1985/86). Er initiiert aber auch im steirischen herbst 78 mit der Gruppe 77 in Rein eine Aktion der Stille, wo minutenlanges Schweigen als sogenannte Leerstellen auch auf unbedruckten Plakaten und in Zeitungsinseraten ohne Text ihre visuelle Umsetzung fand.
1983 entstanden die Gemeinschaftsarbeiten mit seinem Künstlerfreund Hans Bischoffshausen, hochformatige, informelle Kartonarbeiten, in denen der Akt der bildnerischen Gestaltung durch Aleatorik und Spontaneität im Einsatz verschiedenster Materialien erfolgte.
Die Arbeiten Ende der 1970er und der 1980er Jahre unterteilten wir in die Kategorien der der Raumzeichen- und Vogelbilder, in denen er an die frühe informelle Phase anknüpfte, die Farbe Weiß immer dominanter wurde, nun aber ikonische Dreiecksformen als vielseitige Metaphern in Rot, Blau einsetzt, die z. B. als im Flug gleitende Vögel lesbar werden.
Lojen entwickelte ein auf zwei Polen basierendes Bildvokabular: einerseits eine Zeichenstruktur, andererseits eine Farbstruktur. Er verwendet Zeichen als Signale und Landschaft als Farbstruktur. Durch die Begegnung mit Bischoffshausen, mit seiner Malerei von weißen Energiefeldern, präfigurierte Lojen eine Tendenz zur Immaterialität, und reduzierte in der Folge die Farbauswahl immer mehr auf eine dominante Farbe und auf das Grundmotiv des Dreiecks, als "Raumzeichen, Formzeichen, Landschafts- und Vogelzeichen" wie Wilfried Skreiner 1986 diese Bilder in seinem Katalogtext zur Personale Lojens in der Neuen Galerie interpretierte. Parallel zu den Gemälden entstehen Serien von Arbeiten auf Papier, Aquarelle und kleinformatige Farbstift- und Tuschezeichnungen, die durch eine zarte Strichführung und einen lyrischen Ansatz charakterisiert sind.
Die Periode der „Malkörper“ 1990 -2005
In den 1990er Jahren reduziert und konzentriert sich Lojen auf die Monochromie in seriellen Bildern. Neben roten und schwarzen Farbmodulationen, beschäftigt ihn vor allem auf die weiße Monochromie, wo er das Grundweiß der Dispersionsfarbe mit dem eine geometrische Form bildenden Weiß der Acrylfarbe in einen Dialog setzt und mittels durchsichtigen Gels durchscheinende Strukturen erzielt
Er sucht nicht die Vielfalt der Erscheinungen, sondern in der Reduktion von Farbe und Form findet er deren Essenz. Auch hier sehen wir die zwei scheinbar konträren Pole. Das Gel als Rest des Materialbildes und die Monochromie als Rest der Abstraktion. Mit den einfachen geometrischen Formen und der Reduktion auf ein Zweifarben-System innerhalb der Farbe Weiß entwickelt er seine eigene abstrakte Syntax, im Wissen um bereits erzielte Ergebnisse und einer kritischen Aufarbeitung der Geschichte der monochromen Malerei von Malewitsch bis Ad Reinhardt. Indem Lojen die Erfahrungen der Materialbilder, die auf der Struktur des Materials aufbauen, und die Erfahrungen der abstrakten Bilder, die auf der Struktur der Zeichen aufbauen, egal ob geometrische oder informelle Zeichen, versöhnt und verknüpft, bringt er das eigentliche Ideal der modernen Abstraktion auf den Punkt: Die Kongruenz des inneren und des äußeren Bildes. Durch diese Kongruenz erreicht das Bild seine Eigengesetzlichkeit, seine Autonomie, seine Souveränität, gleichzeitig berichtet es dennoch von den inneren Erfahrungen des malenden Subjekts. Ohne diese Kongruenz bliebe die Abstraktion auf der Oberfläche, eine Übung im Feld der sensorischen Reize, ausgelöst durch Form und Farbe.
Die „Malkörper“ der 1990er Jahre waren charakterisiert durch eine Minimalisierung des Formen- und Farbrepertoires, das sich in den noch fünf weitere Schaffensjahren, gekennzeichnet von einem schweren Leiden, wieder erweiterte. Sofern es sein Gesundheitszustand zuließ, arbeitete Lojen mit großer Energie weiter, von Bild zu Bild, kleine, mittlere, aber auch sehr große Formate, ein anstrengender Willensakt um der Krankheit entgegen zu steuern. Eine Auswahl aus diesen 464 Bildern, das letzte entstand im Oktober 2005, wurde im November 2005 in einer großen Ausstellung im Grazer Künstlerhaus, kuratiert von Werner Fenz, gezeigt., - (eine Auswahl sehen sie hier in dieser Ausstellung.) Fenz sieht in dieser letzten Periode eine Weiterentwicklung der Malkörper auf der Fläche und im Raum. Lojen malte stets abstrakt, gegenstandslos, jedoch nie formlos, da die Fläche nicht nur als Bildträger diente, sondern auch Bildraum ist, in dem die Farbe sich als Material und Form von dynamisch, energetisch, sogar aggressiv bis zu meditativer Stille artikuliert. Sein Formenrepertoire hat sich erweitert: Geometrische Linien in parallelem Verlauf, lineare Dreiecke, ausfransende Malformen in horizontalem Duktus, fragmentierte Farbflecken und skriptorale Spurensetzungen, - und der Bildträger weiß. Die suggestive Kraft der Farbe Weiß stellt ein Kontinuum im Schaffen Lojens dar, 1992 zeige er seine „White paintings“ im Grazer Ecksaal Joanneum. Sie dominiert vor allem auch seine letzten Bilder und mag in gewisser Weise auf ihre Transzendenz verweisen, als Lojen beginnt sich wieder intensiver mit dem Zen-Buddhismus auseinander zu setzen und in zeitgenössischer japanischer Literatur letzte, neue Inspirationen suchte. Er wusste auch um ihre Symbolwirkung, wie Licht, der Anfang, das Neue…..und so möchte ich auch mit einem Zitat Lojens aus dem eingangs erwähnten Interview mit Peter Weibel schließen: „Könnte es nicht so sein, dass alle Bilder dieser Welt schon immer bestehen und einige durch Künstler in die Sichtbarkeit gebannt werden?“